Einleitung
Die Gattung der Sinfonie war als Beethoven sich ihr zuwandte schon Bestandteil des bürgerlichen Konzertwesens geworden. Wolfgang Amadeus Mozart und Joseph Haydn haben kompositionstechnische Maßstäbe gesetzt und auch den musikalischen Charakter dieser entscheidend Gattung geprägt: Weg vom Divertissement, der Serenade, fort vom Unterhaltungsstück hin zum selbständigen Orchesterwerk. Bei Beethoven wird diese Gattung zum vielleicht zentralen Sprachrohr der Musik, weil sie eine nunmehr öffentliche Veranstaltung ist. Gleichwohl befindet sich diese Gattung von Anfang an in einem Zwiespalt. Zwar verliert der Mäzen mehr und mehr seine Funktion, zugleich aber sind die Komponisten in die Lage versetzt, als wirklichem Auftraggeber einem anonymen Publikum gegenüberzustehen. Viele der Komponisten, die seinerzeit durchaus beim Publikum beliebt waren, sind heute unbekannt. Schon damals bildete sich das Verhaltensmuster heraus, daß derjenige, der zu viele Konzessionen an den breiten Publikumsgeschmack machte, wenig darüber hinaus vermochte. Mozart und Haydn hatten mit diesem Publikum noch so manchen Kampf auszutragen. Als Beethoven die Bühne betritt, ist die Öffentlichkeit aber schon soweit vorbereitet, daß er von diesem Punkte aus weitertreiben konnte. Die Sinfonie wird innerhalb der Instrumentalmusik in der zeitgenössischen Literatur in eine ähnlich Stellung gebracht wie die Oper innerhalb der Vokalmusik. Die neue Stellung der Sinfonie im Rahmen einer „Theorie der Schönen Künste“ hat Johann Abraham Peter Schulz 1794 so beschrieben: „Die Symphonie ist zu dem Ausdruck des Großen, des Feierlichen und Erhabenen vorzüglich geschickt.“ Und Schulz begründet diese These innermusikalisch: „Die Allegros der besten Kammersymphonien enthalten große und kühne Gedanken, freie Behandlung des Satzes, anscheinende Unordnung in der Melodie und der Harmonie … plötzliche Übergänge und Ausschweifungen von einem Ton zum andern, die desto stärker frappieren, je schwächer oft die Verbindung ist.“ Der Zusammenhang von musikalischer Struktur und öffentlicher Bedeutsamkeit bewirkt schließlich den Aufstieg dieser musikalischen Gattung, der beinahe religiöse Dimensionen erreicht. Sinfonie und Konzert werden zum Paradigma einer absoluten Musik, die im Gegensatz zur Kammermusik in der breiten Öffentlichkeit ihren Widerhall finden.
Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 21 – Kühnheit und Tradition
Die erste Sinfonie, die 1802 zum ersten Male aufgeführt wurde, zeigt diesen Übergang deutlich an. Einerseits steht sie in einem wirklich klassischen Sinne neben den Sinfonien Mozarts und Haydns, andererseits ist unter ihrer „harmlosen“ Schale schon weit mehr angelegt, als es unseren auch von späterer Musik eingeübten Ohren direkt zugänglich wäre.
Beethoven betritt den sinfonischen Boden mit einer Frage. Die erste Sinfonie beginnt mit einer langsamen Einleitung (Adagio molto) an deren Spitze ein Dominantseptakkord steht. Es ist dieser Eintrittsraum der Sinfonie, der ihren Ruhm prägte. Die Musik schleicht sich langsam ins Geschehen als ein großartiger Auftakt, nicht als These. Dieses Entreé ist ein einziger großer Auftakt. Er führt überraschend einfach zur Hauptsatzgruppe des ersten Satzes (Allegro con brio) eines genauso ungewöhnlichen wie trivialen Sonatensatzes. Anders jedoch als bei Haydn oder Mozart wird das Thema dieses Hauptsatzes nicht prachtvoll exponiert sondern huscht leise daher. Das C-Dur dieses Hauptsatzes ist so eindeutig durch den dominantischen Auftakt und den C-Dur-Dreiklang dargestellt, daß es sofort der Abweichung bedarf. Die Wiederholung erfolgt auf der zweiten Stufe in D-Moll, der eine weitere Variante in der Dominante G-Dur folgt. Erst dann erreicht der Satz sein Forte in einer Akkordbrechung des C-Dur-Dreiklangs. Es ist ein Spiel des Herantastens an die Grundtonart, was Einleitung und Sonatenhauptsatz verbindet. Dieses Vorgehen des schleichenden Vorbereitens gilt auch die Seitensatzgruppe, die ebenfalls diese Steigerung vom Piano ins Forte vollzieht. Der thematische Hauptgedanke liegt dabei in den Bläsern. Und auch diesmal wird die Steigerung mit einer emphatischen Kadenz beendet. Die Überleitungsgruppe verzerrt den melodischen Gedanken des Seitensatzes und führt ihn kreuz und quer durch die Tonarten ehe am Ende dieses umwegreichen Pfad das Hauptsatzthema erneut erscheint, jetzt im Forte und als ein erneuter dominantischer Auftakt für die Wiederholung der Exposition. Die Durchführung ist ihrerseits eine großartige Zerlegungssequenz. Das Thema des Hauptsatzes wird aufgespaltet in seine Bestandteile und erfährt zahlreiche harmonische und instrumentale Färbungen. Sie endet mit einstimmigen Schlägen in der Dominante von A-Dur, also eigentlich am „falschen“ Platz. Von hier aus gibt es eine leise Bläserüberleitung, um zur Haupttonart zurückzufinden, die auf einer harmonischen Ambivalenz gründet und zu der es auch schon in der Einleitung eine Parallele gab. Nach all der Fransungstechnik der Durchführung, nach der Irreleitung durch die Tonarten, wird darum die Reprise wie zum Trotz durchs Forte bekräftigt gestartet. Der Weg zum Seitensatz gerät harmonisch zu einer faszinierenden Irrfahrt. Die Bläser spielen nun doppelt besetzt den Seitensatz. Alles findet nun in der Haupttonart C-Dur statt. Dennoch ist eine Beethovensche Reprise nicht identisch mit bloßer Reduktion der Tonartenverhältnisse. Dabei ist vieles verwandelt, weil Verarbeitungstechniken aus der Durchführung in die Reprise hinübergreifen.
War der erste Satz noch wesentlich ohne prägnante Melodienbildung ausgekommen, so bildet der zweite Satz (Andante cantabile con moto) hier den charakteristischen Kontrast. Das federnde Hauptthema im 3/8-Takt bleibt immer präsent. Es ist so selbstverständlich wie irregulär, nämlich siebentaktig. Damit wird ein weiteres Spezifikum des symphonischen Schaffens bei Beethoven deutlich. Alles Reguläre stellt als Abgeschlossenes die Zeit still. Dadurch aber, daß Beethoven häufig genug seine thematischen Gedanken nicht abschließt eröffnet er die Ausfahrt. Es ist geradezu ein durch und durch dialektisches Verfahren: Die Trivialität von Themengestalten gestattet die enorme Wandlungsfähigkeit. Noch nicht unbedingt üblich ist auch der Durchführungsteil, der zwar kompositorisch weniger radikal in seiner Zergliederung des Themas verfährt, dafür den Schwerpunkt im harmonischen Bereich setzt. Wenn dann die Reprise einsetzt, erfährt das Thema eine wirklich neue Farbe. Es wird ihm ein ausgesprochener Kontrapunkt entgegengesetzt. Das kompositorische Wunder dabei ist, daß der Übergang vom kontrapunktischen zum homophonen Satz kaum wahrnehmbar ist. Auch dies ein Modell des „Klassischen“, das auf Ausgleich und Balance setzt wie zugleich dessen Aufhebung.
Typischerweise ist in einer viersätzigen Sinfonie der dritte Satz ein Menuett. Davon geht auch Beethoven einstweilen nicht ab – wenigstens nicht, was die Überschrift anbelangt (Allegro molto e vivace). Der höfische Tanz wird dennoch bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Herausspringt ein Anflug von Scherzo. Darin liegt ja auch eine tiefgreifende Veränderung, die Beethoven an der klassischen Sinfonie anbringt. Unüberhörbar sind die Betonungsverschiebungen, die krassen Lautstärkenkontraste – das Menuett wird verbügerlicht. Ähnlich schon wie im ersten Satz, gelangt die Musik erst auf großen Umwegen zur Haupttonart C-Dur, das darum als verzögertes Ziel noch viel stärker betont wird.
Wie schon im ersten und dritten Satz ist auch im letzten die Konstituierung der Grundtonart verzögert. Beethoven komponiert eine siebentaktige Einleitung (Adagio), die zunächst den Dominantton G im Tutti exponiert. Es folgt die schrittweise Zusammensetzung eines langen Auftaktes zu einem leichten Sonatenrondo (Allegro molto e vivace), dessen Entstehung schon in den frühen 90er Jahren des 18. Jahrhunderts zurückreicht. Beschwingt und unkompliziert klingt die Sinfonie aus.
Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67 – So klopft kein Schicksal an die Tür
War in der ersten Sinfonie noch das klassische Paradigma Haydns und Mozarts laut vernehmlich, so wandelte sich diese klassische Glätte auf dem Weg zur fünften Sinfonie erheblich. Mit der dritten Sinfonie fand Beethoven zu einer neuen Konstruktion, die mit einer veränderten Musiksprache einherging. In der fünften Sinfonie kommt diese Umgestaltung des musikalischen Denkens auf eine ganz neue Art und Weise ans Licht. Die komplette Sinfonie beruht hauptsächlich auf einem einzigen musikalischen Gedanken. Es ist dieses viertönige Motiv, das immer gerne mit dem Schicksal in Verbindung gebracht wird, das hier an die Tür klopfe. Wenn dem tatsächlich so wäre, so könnte man jedenfalls zu dem Schluß kommen, daß das Schicksal sehr vielköpfig ist und es versteht, sich variantenreich bemerkbar zu machen. Die fünfte Sinfonie ist aber auch zu dem Paradigma geworden, das als „per aspera ad astra“ (durch Nacht zum Licht) den Formverlauf vieler später komponierter Sinfonien mitprägte. Gemeint ist damit ein Verfahren, bei dem der Formverlauf durch Irrungen und Wirrungen bestimmt ist, an dessen Ende jedoch ein hell strahlendes Thema steht, das alles Vergangene, Zweifelnde, Grüblerische, Düstre und Kritische vertreibt – eine Apologie des Sieges über böse Mächte. Als letztes, unwichtigstes Merkmal für die neue Situation dieses Werks steht die lange Kompositionszeit. Etwa vier Jahre, von 1804-1808 war Beethoven mit der Komposition beschäftigt. Das ist umso erstaunlicher, als es wie aus einem Guß sich darbietet, so integral ist die Konzeption.
Die komplette fünfte Sinfonie wird durch dieses klopfende Anfangsmotiv geprägt. Dieser integrale Gedanke erweist sich im Laufe der Sinfonie überraschend wandlungsfähig. Man kann an der fünften Sinfonie quasi die zweite Geburt der motivischen Arbeit ausmachen. Nicht mehr sind es komplette Themengestalten, aus den Zähne herausgebrochen werden oder die harmonisch umgedeutet werden. Es ist der umgekehrte Weg. Aus dem Bruchstück heraus wird der komplette Formverlauf gewonnen. Das deutete schon die erste Sinfonie an, wenn in ihr der Auftaktsgedanke eine bestimmende Rolle spielte.
Das besagte Klopfmotiv bestimmt den Hauptsatz des ersten Satzes (Allegro con brio), aber er leitet auch die Seitengruppe ein, wobei der Intervallsprung von einer Terz auf die Quint ausgeweitet wird. So klar die Verhältnisse notiert sind, so unklar sind beim Hören. Man kann von Anfang an nicht recht unterscheiden, ob das Motiv auftaktig oder volltaktig ist. Der Zielton mit überschriebener Fermate hebt allzumal ein Fühlen der Zeit auf. Obwohl der Anfang der Sinfonie wohl jedem geläufig ist, ist er keineswegs so simpel wie er scheint.
Doch auf zwei weitere Elemente der neuen Musiksprache Beethoven soll hier eingegangen werden, die sehr im Schatten liegen geblieben sind. Es handelt sich um ausgedehnte Passagen in der Durchführung des ersten Satzes, der Fortspinnung der C-Dur-Fanfaren des zweiten Satzes sowie der Überleitung zum Schlußsatz. An diesen Stellen kommt die Musik zu einer ungewohnten Besinnung. Alle rhythmische Strukturierung ist aufgehoben. Im ersten Satz wird die Musik handfest zum Stehen gebracht, wie ausgesaugt liegen die „öden“ Klänge da, bevor die Reprise einsetzt. Im zweiten Satz (Andante con moto) wird kontrapunktisches Denken indes in die lange Akkordfortschreitung zusammengeschmolzen. Es zeugt von dem höchsten Formgefühl, wie Beethoven diese Sequenzen einsetzt. Während im ersten Satz die unbändige Übermacht des Hauptmotivs für Momente wenigstens verdrängt wird, ist die Funktion im zweiten Satz die, den Fanfaren-Tonfall als zu frühe Apologie infrage zu stellen. Das geschieht beim ersten Mal durch die Auflösung des Grundschlags, beim zweiten Mal gesellen sich dunkle Töne des Violoncellos hinzu, die nur ihrerseits das Klopfmotiv des ersten Satz zitieren. Jedoch erst beim dritten Auftritt zerfällt die Fanfare aus sich heraus. Beim dritten Mal hat die Fanfare nämlich ihre Begleitung vollkommen ausgeblendet, und genau diese macht sich als Fortspinnung jetzt bemerkbar. Das ist eine überaus komplexe Formidee in diesem Satz und es schadet nicht, in dieser Richtung den Satz einmal neu zu hören. Der Mantel des Klassischen deckt hier nämlich sonst allzuviel zu. Schon das Hauptthema ist melodisch so irregulär gebaut, daß man es schon gar nicht mehr bemerkt.
Diese wunderlichen Verwirrspiele sind selbst für den so düster auftrumpfenden dritten Satz (Allegro) charakteristisch. Von dem kontrapunktischen Trio-Teil soll schon gar nicht die Rede sein. Die Überleitung zum letzten Satz (Allegro) ist schlichtweg unerhört. Wenn zunächst das Hauptmotiv des dritten Satz ins Pizzicato übersetzt wird und damit zugleich auch die „böse“ Spitze abgebogen wird. Es handelt sich tatsächlich um eine Technik aus den Divertissements: das Orchester zieht ab. Es folgt dann die lange Passage über dem Orgelpunkt aus Streichern, aus der heraus mit Hilfe des düsteren Themas des dritten Satzes durch permanente Umdeutung der Grundstein für die „wahre“ Fanfare des Schlußsatzes gebildet wird. Und dieser Satz kennt dann so gut wie keine Trübsal – es ist eine reine Apologie eines imaginären Sieges, der so gewaltig sein mußte, daß die Schlußkadenz zu den längsten der Musikgeschichte gehört.
Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58 – Episode und Unendlichkeit
Das vierte Klavierkonzert steht in einem ganz merkwürdigen Verhältnis zur fünften Sinfonie. Es wurde im gleichen spektakulären Konzert von 1808 aufgeführt. In diesem Konzert kamen außerdem die sechste Sinfonie, Teile aus der C-Dur-Messe sowie die Chorfantasie zur Aufführung. Mit der fünften Sinfonie verbindet das Konzert den Klopfgestus, der durch den ersten Satz des Konzertes geistert. Dennoch ist die Anlage des Stückes ganz eigenartig.
Sicherlich handelt es sich beim ersten Satz (Allegro moderato) um ein Sonatenallegro mit all den bekannten Bestandteilen, zwei thematische/harmonische Gruppen, Durchführung und Reprise. Jedoch ist hier der Charakter sehr viel einheitlicher gefärbt und die musikdramatische Anlage sehr viel episodischer. Adorno nannte es: „Ruhe durch Bewegung ausdrücken.“ In diesem Stück wird die Allegro-Motorik entweder durch homophone Satzgestaltung aufgehoben oder aber in weitschwingende Themenmelodien aufgelöst. Selbst der virtuose Klavierpart hat immer eine ruhende Orchesterbewegung zum Kontrast. Irregularität herrscht auch hier vor. Das Hauptthema wird zweigeteilt eingeführt: Ein fünftaktiger Vordersatz im Solo-Klavier gefolgt von einem neuntaktigen Nachsatz in den Streichern. Zentral dabei ferner die tonale Ausweitung des Themas nach H-Dur. Diese Anlage ist typisch für den ganzen Satz und aus ihr resultiert dieses eigentümliche Schweben. Das mag unlogisch klingen: Die Themen des Klavierkonzertes sind sehr viel weiter ausgeführt, melodisch sehr viel profilierter als in den beiden vorgenannten Sinfonien. Insofern aber auch der musikalische Verlauf sehr viel extensiver, weiträumiger, flächiger. Damit diese Formidee nicht zur Statik festläuft, wird im rhythmischen Bereich ungeheuer differenziert gearbeitet; auf eine Weise, die die beiden Sinfonien so jedenfalls nicht kennen.
Der zweite Satz (Andante con moto) spricht eine andere Sprache, die beinahe musikdramatische, opernhafte Züge zeigt. Der Dialog von Soloinstrument und Orchester (hier nur die Streicher) kehrt das Verhältnis von Individuum und Kollektiv um. Während die Streicher im unisono und rhythmisch hart konturiert geführt sind, steht das vielstimmige Soloinstrument in lyrischer Gesinnung dagegen. Erst am Ende kommt es zu einer Annäherung. Der Kontrast wird stillgestellt, nicht aber zur Auflösung gebracht. Es gibt kein „gutes“ Ende, nur ein kreiselndes Anhalten.
Der dritte Satz (Ronde. Vivace) ist von einem ganz klaren und hellen Grundgestus geprägt. Einem homophonen akkordischen Thema steht eine melodiös geschwungenes vielstimmiges gegenüber. Auch wenn hier das Hauptthema aus einer auskomponierten Dreiklangsbrechung besteht, so ist es doch ganz anderen Charakters, als beispielsweise das „triumphierende“ Thema aus dem Finale der fünften Sinfonie. Im Konzert darf man wohl von Luftigkeit und Räumlichkeit sprechen. Das Seitenthema über dem Orgelpunkt der Streicher atmet eine Weite der Anschauung, die dem Pastoralen-Gestus der sechsten Sinfonie nahesteht. Und auch die unmittelbare kontrapunktische Verarbeitung hat nichts von Strenge. Wenn man sich nun fragte: Was hat denn das Klavier in diesem Werk zu suchen, so ist die Antwort folgende: Es denkt und spielt als ein emanzipiertes Zusatzinstrument. Das Orchester selbst ist aber auch nicht der Tonteppich auf dem der Solist eitel virtuos musiziert.
Ludwig van Beethoven
Ludwig van Beethoven, geboren 1770 in Bonn, lernte als Kind Klavier, Violine, Bratsche und Orgel. 1792 geht Beethoven nach Wien und nimmt Kompositionsunterricht bei Schenk (1794), Albrechtsberger (1795) und Salieri (1795-1802). 1795 tritt er erstmalig öffentlich mit seinem Klavierkonzert B-Dur op. 19 auf. Im Jahr 1800 gibt Beethoven sein erstes eigenes Konzert: Zur Aufführung kommen die 1. Sinfonie op. 21, das Septett op. 20 und ein Klavierkonzert. 1802 schreibt Beethoven sein „Heiligenstädter Testament.“ Er ist seit 1803 im Wiener Konzertleben fest verankert. 1805 wird seine Oper „Fidelio“ aufgeführt. Insgesamt schreibt Beethoven bis zu seinem Tode neun Sinfonien, 17 Streichquartette, fünf Klavierkonzerte, ein Violinkonzert, eine Oper, 23 Klaviersonaten und zahlreiche weitere kammermusikalische Werke. Eine feste musikalische Anstellung hat Beethoven seit seiner Wiener Zeit nicht wirklich gehabt. Er ist der erste Komponist, der als „freier“ Autor existieren konnte; zunächst eher schlecht denn recht von Verleger- und Unterrichtshonoraren sowie Kompositionsaufträgen. Um 1809 erhielt Beethoven einen Ruf nach Kassel, der ihm eine feste Anstellung gebracht hätte. In diesem Moment boten ihm drei Männer des Adels eine lebenslange Pension bis er eine Anstellung gefunden hätte: „Sollte diese Anstellung unterbleiben und Herr Ludwig van Beethoven durch einen unglücklichen Zufall oder Alter verhindert sein, seine Kunst auszuüben, so bewilligen ihm die Herren Teilnehmer diesen Gehalt auf Lebenszeit.“ Zwar hat sich diese Finanzierung nicht durchhalten lassen, aber für die besondere Position Beethovens im damaligen Musikleben ist sie bezeichnend. Schon während der 90er Jahre das 18. Jahrhunderts machten sich Anzeichen seines Gehörleidens bemerkbar, das schließlich zur vollständigen Ertaubung führte. 1827 stirbt Beethoven an den Folgen einer Leberzirrhose.
Quelle: Text für das Musikfest Bremen 1997 (?).