22. November 2024 Guten Tag, everybody

Ein Kobold [2005]

Die Geschichte ist doch diese. Manchmal muss man den Staub aus der Wohnung bringen. Das geht zwar nicht, aber versuchen muss man es. Zu diesem Zwecke nutzt man gelegentlich sogenannte Staubsauger. So einen besitze ich nicht, bzw. nur auf dem Speicher. Normalerweise dürfen ihn mir die Nachbarn leihen. Tun sie auch, aber mir ist das peinlich, meine Milben in ihre Staubsäcke zu saugen. Ich besorgte mir also einen, weil er im Regal so billig stand bei Kaufland. Ein Clatronic für lumpige 24,99 Euro. Der kommt sogar ohne Staubsack aus. Es landet alles hübsch sichtbar in so einem Plastikkanister. Den öffnet man unten und der Staub fällt in den Müllsack — zumindest in der Theorie. Meistens macht der sich dabei los und versifft die umstehenden Gegenstände, im schlimmsten Fall also mich. Aber sonst. Günstig und funktioniert.

Ein Kobold. Foto: Hufner
Ein Kobold. Foto: Hufner

Zumindest solange er geht. Nach gut fünf Besaugungen machte er schlapp. Der Einschaltknopf arretierte nicht mehr. Ich habe also den Sauger zurück gebracht mit ohne Quittung. Und, dickes liebes Lob, Kaufland nahm den Sauger ohne Murren zurück und reichte mir die 24,99 Euro bar in die Hand. Nicht einmal einen Blick in den Karton taten die. Das machte mich wirklich platt.

Aber nu. Geld in der Hand, aber wieder keinen Sauger. Da erinnerte ich mich vor meinen Gästen an den Speicher und, weil ich schrullig bin, holte ich das Teil herunter. Ein echter, guter alter Vorwerk-Kobold, Baujahr 19Hundertfürcherlich. Aber was für ein Teil! Mit einer richtigen Bodendurchwühleinheit, die auch noch römische Reste in meiner bescheidenen Behausung herausklauben konnte; könnte. Ein Stück lebendiges Museum, welches ich nur deswegen auf den Speicher verbannte, weil eine stausaugerische Venenklappe längst zerbröselt war. Und das den entscheidenden Nachteil, dass der Staubsaugerinhalt eigentlich nach unten zurückfällt.

Aber irgendwie war mir da egal. Das Teil muss saugen und es saugt auch, es töst gewaltig aus diesem kleinen Motor, als man noch nicht mit Watt-Zahlen so angeben musste. Letztlich alles noch funktionsfähig und ein dutzend Staubsaugersaugerbeutel waren auch noch auf dem Speicher. Meinen Gästen wurde beim Einschalten gewiss ein wenig bang. Aber der Vorwerk, der saugte. Es kam, welch Wunder, sogar so weit, dass der Sohnemann meiner Gastfamilie freiwillig, ich betone freiwillig, damit den alten schäbbigen Teppich in der Küche (ja, in der Küche, da kann man vom Teppich essen, zumindest umgekehrt tut dies seit Jahren der Teppich) absaugte.

Ja, und so leben wir nun wieder zusammen. Der Kobold von Vorwerk und ich. Ich nehme ihn gerne mit auf Reisen und buche jetzt immer für zwei. Denn, ist er nicht süß, eigentlich. Er erinnert mich auch an die Werbung damals von Progress. Die schickten ihren Sauger in den 70er Jahren doch auf den Changs delisee. Wo er auf dem Boden gegen Krümel und Kies kämpfte im Vergleich mit anderen. „Progress-Staubsaugen ist besser.“ Progress, das war noch ein Wort, das einen Sinn hatte, wie Nordmende. Da gabs noch kein großes Tennis von Boris Becker. Nene.