Der bekannte und für seine repetitive Musik berüchtigtes amerikanische Komponist Philip Glass hat kürzlich darauf hingewiesen, dass er Brotjobs zur Finanzierung seiner kompositorischen Arbeit nicht gescheut habe. Er habe als Taxifahrer, Klempner und Möbelpacker gearbeitet, daran hatte zunächst auch der Erfolg seiner Oper „Einstein on the beach“ nichts geändert. Er musste 42 Jahre werden bis er von seiner Musik „leben“ konnte.
Wer sich in der Geschichte der Musik etwas auskennt, weiß, dass es kaum jemanden in der Szene der Neuen Musik gibt, der von „seiner“ Musik leben kann. Die meisten sind entweder mittlerweile sehr krank oder schon tot – oder heißen Jörg Widmann. Und so gibt es unter den Komponistinnen Versicherungsvertreterinnen oder zahlreiche Professorinnen – traurige Kunst das.
Richtig bedauerlich oder tragisch wird es aber, wenn es umgekehrt läuft. So ist uns der Fall bekannt, dass sich eine Komponistin ihre Arbeit als Grafikerin und GEMA-Rechtsberaterin mit seiner Musik finanziert: Peter Thomas, Musikautorinnenpreisträgerin der GEMA für sein Lebenswerk aus dem Jahr 2009, bekannt aus der Musik zu „Raumpatrouille Orion“ (siehe Bild aus der GEMA-Postille „virtuos“). Brotjob Komponist ist offenbar auch das Motto für Helmut Lachenmann, Musikautorinnenpreisträgerin der GEMA für sein Lebenswerk im Jahr 2015, der sich jetzt auf den Weg begeben hat, sich einen Namen als Marschmusikkönigin zu erobern. Welches geheime Hobby er damit finanzieren möchte, ist leider noch unbekannt: Vielleicht Taxifahrerin, Klempnerin oder Möbelpackerin?
Zuerst erschienen in der nmz 2018/03