Laut des aktuellen Berichts des Bundesverbandes Musikindustrie investieren die großen Plattenfirmen 500.000 bis 2 Millionen US-Dollar in den Aufbau eines Stars bis zu seinem Durchbruch. Stars werden gemacht. Unter anderem braucht man dazu zwar einen Künstler oder eine Künstlerin, aber in Bewegung und zum Erfolg führen ihn Tonmeister/-innen, Touren, Fotograf/-inn/-en und vor allem Promotion (sozusagen das Schmiergeld der Öffentlichkeit).
Es ist ein Risiko-Investment, denn man weiß schließlich nicht, ob der Künstler oder die Künstlerin am Ende nicht doch noch floppt. Alle Achtung. Aber es ist eben Industrie und darin werden Produkte entwickelt. Man macht es eben nicht des Publikums wegen, sondern weil man ein Geschäft vermutet.
Zwei Millionen, das klingt nach ziemlich viel Investition. Die Zahl relativiert sich, wenn man einmal sieht, was investiert werden muss, um einen jungen Menschen an einem ganz normalen klassischen Instrument auszubilden: Instrumentallehrerinnen, Instrumente, Noten, Fahrtkosten: Dann kommen je nach Instrument und Dauer schnell ein oder mehrere Kleinwagen (also etwa 10.000 bis 50.000 Euro) zusammen – ergänzt man dann die gegebenenfalls auflaufenden Kosten einer Hochschulausbildung und professionellen Instrumente, werden es Kleinbusse.
Laut statista gab es 2016 allein in Deutschland circa 1,4 Millionen Schüler/-innen an Musikschulen. Welche Investitionen also ganz einfache Haushalte in die musische Ausbildung stecken (und dabei hat man noch nicht einmal den Return Of Invest im Sinn), geht weit über das Engagement der Musikindustrie hinaus. Wenn der Industrie-Report behauptet: „Die Musikfirmen sind weiterhin entscheidende Partner für die Kreativen“, so ist das einfach nur überheblich. Ohne die Kredite der Zivilgesellschaft erschiene ihr Beitrag (sozial, künstlerisch und finanziell) bloß marginal. Die Musikindustrie ist bestenfalls das mehr oder weniger schmackhafte synthetische Topping auf dem sehr fruchtbaren Salatbeet einer vitalen Musikausbildungslandschaft, getragen von engagierten Individuen.
Zuerst erschienen in der nmz 5/2018 – 67. Jahrgang