Die Deutsche Musikhilfe klagt gegen die deutschen Opernhäuser und den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Seit Jahren schon würden die Aufführungswerte für Neue Musik (uraufgeführte Opern an Theatern und Uraufführungen bei Konzerten) von 0,01 Prozent des Gesamtrepertoires dauerhaft unterschritten. Gefordert wird außerdem ein Grenzwert von wenigstens 0,011 Prozent: Das heißt, eine Opern-Uraufführung pro Opernhaus innerhalb von 1001 Jahren. Gibt es nicht?
Nein. Gibt es nicht. Ähnlich klingende Forderungen der musikpädagogischen Verbände, den Einsatz von Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen sowie den Einsatz Neuer Musik an Musikhochschulen betreffend, kann man sich hinzudenken. Denn es ist doch klar: Die Bedeutung zeitgenössischen Musizierens und von (gutem) Musikunterricht überhaupt ist unbestritten. Aber dabei geht es ja nicht um Autos oder Arbeitsplätze, sondern nur um Menschen und deren psychische und soziale Gesundheit.
Feinstaub und Stickoxide stehen im Zentrum der Debatte um die angebliche körperliche Unversehrtheit der Menschen. Ob es den Menschen gut geht, ob sie ein zufriedenes und glückliches Leben sollen führen dürfen, wen interessiert das schon. Ist ja alles nicht messbar. Im Gegenteil, man kann sich darauf berufen, dass die Zeiten, als zeitgenössisches Musikrepertoire die Regel und nicht die Ausnahme darstellte (Barock, Klassik, Romantik), durchzogen waren von kriegerischen Auseinandersetzungen. Aber da gab es erst recht keinen gescheiten allgemeinen Musikunterricht.
Natürlich ist das alles eine Fiktion – also die Tatsache, dass so etwas wie eine deutsche Musikhilfe existieren würde, geschweige denn, dass dies allgemein diskutiert würde. Und das ist eben nicht gut so. Traurig ist das. Aber man könnte es ändern wollen. Könnte man, ja. Mindestens etwas.
Zuerst erschienen in: nmz, Ausgabe: 2/2019 – 68. Jahrgang